Italienisch eben
Lektionen in "Landestypisch" (Auszug)
Für Südlandkenner sicher nix Neues, trotzdem hier ein paar italienische Eindrücke aus dem Reich der Mitte des Stiefels.
Leben
Man(n) (und Frau) telefoniert hier, was das Zeug hält. Italiener sind eben wichtig, sehr wichtig. Alle. Immer. Überall. Der Busfahrer des vollbesetzten Busses in engen Kurven auch. Auf der Autobahn sowieso, da hat man ja auch viel Zeit. Aber die Städter sind wichtiger, glaube ich. Die reden lauter, viel lauter, telefonieren gern auch mal mit zwei Handys gleichzeitig, brauchen gefühlt zweieinhalb Meter Aktionsradius für ihr Gestikulieren und - was dann die Stimme nicht mehr hergibt - wird mit Mimik vervollständigt, will sagen, perfektioniert. Das sind wahrscheinlich alle Chefs (oder wenigstens ihre eigenen). Aber es ist nicht diese typisch deutsche Hektik, die italienische ist anders, italienisch eben und manchmal wie in einem Streifen aus den 70er Jahren.
Auch in zwei unserer Nachbarhäuser geht es verbal sehr italienisch zu. Unterhaltung mit den Kindern im gepflegten Forte, kurz und prägnant. Von Muttern. Dabei kann ihre Stimme (tiefer Alt, naja, eigentlich Tenorlage) sicher noch Wände durchdringen. Lachen ist von mindestens gleicher Intensität und Qualität und erst recht nicht weniger durchdringend. Die abendlichen Treffen in den Vorgärten mit einem Dutzend Bekannter ist dann nicht die Addition sondern Multiplikation der Geräuschkulisse. Auch die Gäste-Frauen hören sich an, als hätten sie alle einen ordentlichen Stimmbruch hinter sich. Was die Männer zu diesen Partys machen, weiß ich nicht. Die sind irgend wie unhörbar.
Straßenverkehr
In der Toskana geht es gemächlich zu. Brandenburg plus Berge aber eben sehr viel schöner! Nur größere Städte machen hier die Andeutung einer Ausnahme. Sonst, also im proländlichen Raum, der von viel und dichtem Wald zugewuchert ist, ist wenig oder gar nix los. Aber Vorsicht und Aufmerksamkeit sind dennoch geboten: Zwar akzeptiert man hier im Vergleich zu südlicheren Landesteilen, vor allem Sizilien, die zweite Fahrspur auf einer normalen Straße als Gegenrichtung, aber in Kurven wird diese auch hier zur Eigenen erklärt. Da taucht schon einmal ein großer blauer Bus auf deiner Spur auf und du überlegst kurz, ob jemand oder wer hier gerade Geisterfahrer spielt.
Sonst billigt man im Wesentlichen weiße Linien auf der Straße, rote Ampeln und Verkehrszeichen, was in Süditalien ja allenfalls nur „Farbe ins Spiel” bringt. Auch das Autofahren an sich ist für die Italiener hier einfacher. Man beschränkt sich auf Hupe und nicht Gas, Bremse und Hupe (der Sizilien-Reihenfolge). Die Hupe ist im Auto das Kommunikationsmittel schlechthin und funktioniert ja auch dann, wenn man gerade telefoniert. Nur ist das Hup-Alphabet, welches zu 99,8% aus 1 x hupen besteht, anfangs für Unhiesige schwer, richtig zu interpretieren.
Zusammenfassend lässt sich das dann doch wie folgt übersetzen:
| 1 x hupen = | – Hallo! |
| – Tschüss! | |
| – Platz da! | |
| – Beeile dich! | |
| – Ich bin da und stehe vor deiner Tür! | |
| – Achtung … (z.B. "ich komme gleich um die Kurve”)! | |
| – Du stehst im Weg! | |
| – Du stehst immer noch im Weg! | |
| – Vorsicht! | |
| – Verzeihung, bin nur ausversehen auf die Hupe gekommen. |
Wetter
Hier sind sich beide Länder wohl am ähnlichsten. Ja, es ist Wetter. Das Wetter ist aber kaputt und stimmt hier wie auch da nicht. Gestern Abend war für heute noch bedeckt mit 30% Regenwahrscheinlichkeit angekündigt, jetzt sind (eigenäugig gezählt) vier kleine weiße Wolken am Himmel. Wo bitte bleibt Kachelmann?
Wie soll da eine gründliche deutschen Urlaubstage-Verbringen-Planung funktionieren? Nur gut, von dieser typisch deutschen Tugend sind wir weit weg, sehr weit weg ...
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